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Dezember 1, 2025

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6 min. Lesezeit

Teil 3: Regulierung ist Ihr Verbündeter - nicht Ihr Feind

Im ersten Teil dieser Serie haben wir geklärt, wie Unternehmen bei KI-Projekten scheitern, weil sie die falschen Fragen stellen. Im zweiten Teil haben wir gezeigt, wie verlässliche KI-Systeme entstehen – durch die Kombination von analytischer und generativer KI. 

Jetzt kommt der dritte und vielleicht kontraintuitivste Teil: Warum Regulierung – speziell die BaFin-Anforderungen – nicht Ihr Hindernis sind, sondern Ihr Wettbewerbsvorteil.  

Das ist eine These, die vielen Unternehmern nicht leichtfällt. Aber wer sie versteht, gewinnt. 

Die verbreitete Wahrnehmung: Regulierung als Innovationskiller 

Ja, die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat strenge Anforderungen an KI. Ja, es gibt Regulierung. Und ja, viele Unternehmen – besonders im Finanzsektor – sehen das als Innovationskiller. 

Das ist eine nachvollziehbare Haltung. Regulierung bedeutet Compliance-Aufwand. Es bedeutet Dokumentation. Es bedeutet Prüfungen. Für viele Unternehmen klingt das nach Bremsen – nicht nach Beschleunigung. 

Aber diese Wahrnehmung ist – und das ist vielleicht die kontraintuitivste These dieser Serie – völlig falsch. 

Was Regulierung wirklich bedeutet 

Zunächst zur Grundfrage: Was ist Regulierung überhaupt? 

Regulierung ist ein demokratisches Prinzip. Sie dient zuallererst der Sicherheit und dem Wohlstand der Gesellschaft. Regulierung schützt nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Bürger – die Kunden, die Investoren, die von KI-Systemen betroffen sind. 

In Deutschland und Europa wird die KI-Regulierung pragmatisch umgesetzt. Nehmen wir die BaFin: Sie definiert nicht, „was eine KI ist“ – das ist ohnehin schwer und würde schnell veralten. Sondern sie beschreibt die Charakteristika von KI und definiert, wie KI-Systeme sich verhalten müssen. 

Das ist übrigens bei jeder anderen Maschine auch so: 

  • Ein Aufzug muss sich verlässlich verhalten. Er darf nicht plötzlich fallen. 
  • Ein Kraftwerk muss sich verlässlich verhalten. Es darf nicht ohne Warnung zusammenbrechen. 
  • Ein Auto muss sich verlässlich verhalten. Seine Bremsen müssen funktionieren. 

Warum sollte eine KI, die kritische Geschäftsprozesse in einer Bank steuert, also Entscheidungen trifft, die für Menschen finanzielle Folgen haben, nicht auch verlässlich sein? 

Die Antwort ist logisch: Sie sollte es. Und genau das ist, was die BaFin fordert. 

Der entscheidende Punkt: Regulierung = Verlässlichkeit = Wettbewerbsvorteil 

Hier kommt der entscheidende Punkt, den viele Unternehmen übersehen: 

Dass, was Unternehmen machen müssen, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, ist nicht nur für die Regulierung nötig. Es ist Voraussetzung, um überhaupt verlässliche, wirtschaftliche KI-Lösungen zu entwickeln und zu betreiben. 

Was bedeutet das konkret? 

  • Ihre Daten verstehen: Sie müssen wissen, wo Ihre Daten herkommen, wie repräsentativ sie sind, wo es Lücken gibt. Das ist nicht nur regulatorisch nötig – das ist die Grundlage dafür, dass Ihre KI überhaupt funktioniert. 
  • Transparenz schaffen: Sie müssen erklären können, wie Ihre KI zu einer Entscheidung kommt. Nicht weil die BaFin es verlangt, sondern weil Sie sonst nicht wissen, ob Ihr System vertrauenswürdig ist. 
  • Erklärbarkeit ermöglichen: Sie müssen sicherstellen, dass nicht nur die KI-Experten, sondern auch die Geschäftsführung und die Risikomanager verstehen, was die KI macht. Das ist die Basis für sichere Entscheidungen. 

Das sind keine lästigen regulatorischen Anforderungen – das sind die Grundlagen für risikominimierende und vertrauenswürdige Entscheidungen. 

Das ist der Punkt, wo sich das Denken umkehrt: Unternehmen, die Regulierung als Chance verstehen und sie von innen heraus erfüllen – nicht als erzwungene Compliance – gewinnen einen massiven Wettbewerbsvorteil. 

Das Win-Win: Compliance + Wettbewerbsvorteil 

Unternehmen, die das verstehen, generieren nicht nur Compliance, sondern auch echten Wettbewerbsvorteil: 

  • Bessere Daten: Sie verstehen Ihre Daten besser und können damit bessere KI-Systeme bauen. 
  • Mehr Transparenz: Sie sehen klarer, wo Probleme sind, und können schneller reagieren. 
  • Mehr Kontrolle: Sie haben echte Governance über Ihre KI-Systeme, statt auf Black Boxes vertrauen zu müssen. 
  • Bessere Entscheidungen: Sie treffen bessere, informierte Entscheidungen, weil Sie die Grundlagen verstehen. 

Das ist nicht das Gegenteil eines Innovationskillers – das ist ein Innovationsbeschleuniger. 

Die globale Perspektive: Deutschland als Standortvorteil 

Hier ist noch ein weiterer Punkt, der wichtig ist: Unternehmen, die in Deutschland unter BaFin-Regulierung KI-Systeme bauen oder einsetzen, haben langfristig einen globalen Vorteil. 

Warum? Weil die Standards, die in Deutschland/Europa gelten, weltweit steigen. Andere Länder folgen. Unternehmen, die bereits unter hohen Standards bauen, sind besser positioniert für die Zukunft. 

Das ist mit der Autoindustrie vergleichbar: Deutsche Sicherheitsstandards im Auto wurden weltweit zum Exportgarant. Unternehmen, die unter hohen Standards bauen, gewinnen Vertrauen und Marktzugang. 

Das gleiche passiert jetzt mit KI und Regulierung. 

Zusammenfassung der drei Erkenntnisse 

Damit schließen wir unsere dreiteilige Serie. Lassen Sie uns die drei zentralen Erkenntnisse noch einmal zusammenfassen: 

  1. Fragen Sie nicht, was Sie mit KI machen können, sondern welches Problem Sie mit Ihren Daten unter Nutzung von KI lösen können.

    Konzentrieren Sie sich auf konkrete Geschäftsprobleme, nicht auf KI-Technologie um ihrer selbst willen. Problem → Algorithmus → Daten. Das ist die richtige Logik. 

  1. Rechnen statt Raten: Verlässlichkeit erfordert eine datenzentrierte Steuerung von KI auf Basis präziser Metriken.

    Verbinden Sie analytische KI mit generativer KI. Messen Sie alles. Machen Sie Prozesse transparent und nachvollziehbar. Das ist die Grundlage für Vertrauen und Wertschöpfung. 

  1. Regulierung und Verlässlichkeit in der Automatisierung: Datentransparenz schafft ein Win-Win.

    Arbeiten Sie nicht gegen die Regulierung, sondern verstehen Sie sie als Chance. Unternehmen, die Transparenz und Erklärbarkeit aufbauen, generieren echte Wettbewerbsvorteile und sichere, risikominimierende KI-Systeme. 

Das Fazit für Entscheider 

Für Finanzentscheider – und für Entscheider in allen anderen Industrien – gilt: Die Zeit der unreflektierten KI-Piloten ist vorbei. 

Der Hype wird sich legen. Die 95% Misserfolgsquote wird so lange bestehen bleiben, bis Unternehmen beginnen, systematischer zu denken. Bis sie ihre Daten verstehen. Bis sie ihre Prozesse transparent machen. Bis sie echte Governance aufbauen. 

Unternehmen, die das jetzt tun, werden in 2-3 Jahren massiv im Vorteil sein. Sie werden wirksame KI-Systeme haben. Sie werden Kosten sparen. Sie werden bessere Entscheidungen treffen. Und ja – sie werden auch regulatorisch fit sein. 

Das ist keine Last. Das ist Zukunftssicherung. 

Die Zeit der verantwortungsvollen, datenzentrierten KI beginnt jetzt. 

Portrait von Prof. Dr. Heiko Beier

CEO von MORESOPHY

Heiko Beier ist Professor für Medienkommunikation und Unternehmer mit Schwerpunkt Data-Analytics und Künstlicher Intelligenz. Als Experte für Cognitive Business Transformation begleitet er Unternehmen in verschiedenen Industrien bei der Konzeption und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle auf Basis von Smart Data Technologien.

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